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EWIG BLÜHEND

Was man aktuell im Horst-Janssen-Museum sehen kann, das lässt sich wohl am besten mit dem Wort "wunderschön" betiteln. Die Ausstellung "Perpetuum Florens" des Künstlers Miron Schmückle zeigt großformatige Pflanzengebilde, die zwar einer surrealen Welt entspringen, doch dabei nichtsdestotrotz mit so unfassbarer Liebe zum Detail geschaffen sind, dass man sich fast sicher zu sein scheint: diese Pflanzen müssen existieren. Wie der Künstler das schafft und warum diese Art der Kunst eine Wohltat in der heutigen Zeit ist, das lest ihr hier.

Miron Schmückle, Float II, 2021, Aquarell, Farbtusche und Polychromos Farbstifte auf Malkarton (Hadern), 125 x 80 cm, Foto: Joachim Schulz © VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Kompositionen aus Pflanzen, die einer anderen Welt entspringen. Credit: Miron Schmückle, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

 

- MIRON SCHMÜCKLE - // PERPETUUM FLORENS \\


NOCH BIS 20. OKTOBER

HORST-JANSSEN-MUSEUM AM STADTMUSEUM 4-8

26121 OLDENBURG

 

Vom Städel Museum in Frankfurt, einem der bedeutendsten Kunsthäuser des Landes, direkt zu uns nach Oldenburg - eine Reihe, in der man sich sehen lassen kann: Miron Schmückle stellt aktuell noch bis Oktober rund vierzig seiner floralen Werke – von großformatigen Zeichnungen über Skizzen bis hin zu Fotografien – im Horst-Janssen-Museum aus. 1966 geboren, hat Schmückle als Kind und junger Mann unter der Diktatur in Rumänien gelebt und dabei in der Natur seine persönlichen Fluchten gefunden und auch im weiteren Verlauf seines Lebens, haben es ihm vor allem historische Darstellungen von Pflanzen aus fremden Ländern besonders angetan.


Miron Schmückle, Non saturatur oculus visu V, 2018, Aquarell, Farbtuschen und Polychromos Farbstifte auf Malkarton, 125 x 90 cm, Foto: Joachim Schulz © VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Details wohin das Auge blickt. Credit: Miron Schmückle, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

„Miron Schmückles Arbeiten sind hoch ästhetisch und gleichzeitig so von Konzept und Planung durchdrungen, dass es ein intellektuelles Vergnügen ist, sich mit ihnen auseinanderzusetzen“, schwärmt Museumsleiterin Jutta Moster-Hoos, die den Künstler nach Oldenburg geholt und die Ausstellung kuratiert hat. Seine großformatigen Pflanzen- und Blumenzeichnungen zeigen immerblühende und verführerische Blüten, Stängel und Blätter, die vom Künstler zu scheinbar endlosen Reigen arrangiert sind. Und obwohl diese seiner blanken Vorstellungskraft entspringen, erscheinen sie in ihrer detailgenauen Ausarbeitung aber botanisch durchaus plausibel. Man möchte einfach glauben oder wünscht sich vielmehr ihre Existenz und hofft darauf, dass sie an einem versteckten Fleck auf der Erde vielleicht doch irgendwo zu finden sein könnten!


Innere Ruhe


Dabei verspürt man, während man seinen Blick über die Arbeiten Schmückles schweifen lässt, unweigerlich auch ein innerliches Durchatmen, ein gewisses "Zur Ruhe kommen". Man blickt auf eine Pforte, die eine natürliche und imaginäre Welt miteinander verbindet, indem sie die perfekte Balance zwischen Vertrautem und Unbekanntem hält. Man möchte verstehen, um was es sich handelt. Wo beginnt die eine Pflanze, wo endet die andere, hat ihre Struktur etwas zu bedeuten, was könnten wohl die Besonderheiten oder womöglich sogar Heilkräfte dieser Pflanze sein? Ein ungemeiner Raum für eigene Vorstellungen tut sich auf.

Foto aus dem Ausstellungsraum des Horst Janssen Museums, der aktuell die Ausstellung Perpetuum Florens von Miron Schmückle beherbergt.
Ein Raum, der Ruhe ausstrahlt. Credit: Andrey Gradetchliev

Es ist nur natürlich, dass diese technisch anspruchsvollen und motivisch betörenden Zeichnungen im Mittelpunkt der Schau stehen, doch zeigt das Horst-Janssen-Museum darüber hinaus zum ersten Mal überhaupt auch eine Auswahl vorbereitender Skizzen der imposanten Endergebnisse. Was aus der Not heraus entstand, weil einzelne der Werke einfach zu groß waren, um sie entsprechend platzieren zu können, stellt sich nun als ungeplanter Geniestreich heraus. Denn was vor allem fasziniert und beim Betrachten dieser Skizzen sofort klar wird: hier wird nicht einfach irgendwie drauf losgemalt a la "Go with the Flow", ganz im Gegenteil!


Der komplexe Aufbau seiner Werke und die Aquarelltechnik, die ein Korrigieren auf dem Papier praktisch nicht zulässt, erfordern eine sorgfältige Planung. Somit werden in diesen Skizzen die streng durchdachten Konzepte erstmals anschaulich, nachvollziehbar und zeigen mit welchem, fast schon naturarchitektonischen Anspruch hier Kunst geschaffen wurde. Durch diesen kleinen Blick in den Entstehungsprozess und die vorbereitenden Arbeiten, wird die immense, künstlerische Leistung nochmals unterstrichen, die es benötigt um solche Werke entstehen lassen zu können.


Schicht über Schicht


Doch wie stellt man das genau an, wie gelingen Bilder diesen Ausmaßes letztlich überhaupt aus rein handwerklicher Sicht? Schmückle bedient sich beim Malen einer komplexen Schicht-Technik: Er kombiniert Farben mit unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften. Und zwar solche, die nach dem Auftragen weiterhin wasserlöslich bleiben, wie Aquarellfarben und Gouachen sowie andererseits Pigmente und Farbtuschen, die auf dem Papier unlösliche Schichten bilden. Das hat zur Folge, dass manche Farbtöne ineinander verlaufen können, andere hingegen aufeinanderliegen.

„So entstehen die Leuchtkraft der Farben und der Eindruck von Volumen und Tiefe. Diese Technik habe ich im Laufe der Jahre zunehmend verfeinert, was aber auch zur Folge hat, dass es immer länger dauert, bis ein Bild fertig wird, trotz der dazugewonnenen Routine“, hält Schmückle fest.


Und so spürt man die jahrzehntelangen Beschäftigung des Künstlers mit dem Reich der Botanik und der Kunst wirklich in jedem Moment bei seinem Besuch im Horst-Janssen-Museum. Nicht umsonst ist Schmückle auch ein Pictor doctus, ein gelehrter Maler, der über allegorische Miniaturmalerei im 16. Jahrhundert promoviert hat und die kunstgeschichtliche Tradition genau kennt.


Miron Schmückle, Hortus Conclusus, Serie, Nr. 9 von 13, 2003, Fotografie, C-Print auf Aludibond, 53 x 83 cm © VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Die Pflanze, die Natur, die vor dem Menschen steht. Credit: Miron Schmückle, © VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Bereits in seinen früheren Fotoserien wie „Hortus Conclusus“ von 2003, die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist, reflektiert er über die Rolle der Pflanzen in der Bildenden Kunst. Wurden sie seit der Antike beispielsweise als schmückendes Beiwerk oder seit dem Mittelalter als Allegorien für abstrakte Tugenden eingesetzt, spielen sie bei Miron Schmückle die Hauptrolle vor der Folie seines eigenen nackten Körpers. Der Mensch rückt vor dem Ablick der wunderbaren natur in den Hintergrund. Eben dieses Nachdenken über und die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Pflanzenreich, das die Grundlage allen Lebens darstellt, sind zentrale Anliegen in Schmückles Werk. Deshalb finden wir, geht es hier auch um mehr als ein bloßes ästhetisches Vergnügen. Diese Kunst ermöglicht es uns, die Natur auf eine Weise zu erleben, die im wirklichen Leben nicht möglich ist. Sie ist ein Fluchtweg aus der hektischen, oft überfordernden Gegenwart.


Und in einer Zeit, in der die natürliche Umwelt oft bedroht und geschunden ist, bieten solche Bilder nicht nur Trost, sondern auch eine Vision von einer Welt, die von Harmonie und Schönheit geprägt ist – eine Vision, die sowohl inspirierend als auch absolut notwendig ist.


 

Ihr seid nun auch völlig begeistert von den Arbeiten des Künstlers? Dann findet ihr hier weitere Informationen: www.mironschmueckle.de



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