Lyrik? Diesen Begriff hört man vergleichsweise selten außerhalb der Klassenzimmer von Deutsch-Leistungskursen. Ausgerechnet das „Core“, hipper Co-Working-Space im Herzen der Innenstadt und Kulturschnack-Wahlheimat, hat den Begriff jetzt entstaubt und ihm ein Update verpasst. Zu hören gibt es deshalb keine Barock-Gedichte, sondern zeitgemäße Wort-Kunst-Werke made in Oldenburg! Und: Essen gibt es auch. Lecker!
Lyrik in die Gegenwart zu übertragen ist kein gänzlich neuer Gedanke. Die Poesie hat diese Transformation längst hinter sich und feiert als Slam Poetry schon seit etlichen Jahren ein Revival. Und das zu Recht, denn Sprachkunst ist faszinierend, manchmal sogar mitreißend. Wir feiern das sehr - zumal das Gerücht stimmt, dass Teile des Kulturschnacks Deutsch-LKs besucht haben und dort tatsächlich vor allem bei Gedichtsinterpretationen glänzten.
Trotzdem ist es überraschend, dass sich ausgerechnet im urbanen Hotspot Core ein Format namens „Lecker Lyrik“ etabliert hat. Aber das hat natürlich damit zu tun, das hier keineswegs nur Gedichte aufgesagt werden. Nein, es geht hier nicht um den Jambus und Oxymoron, es geht hier um die Sprachkultur der Gegenwart. Und das ist noch nicht alles, denn es sind auch Acts aus den Bereichen Comedy und Musik dabei, dazu gibt's Snacks und Drinks. Klingt nach einem gelungenen Abend? Ganz genau!
LECKER LYRIK - COMEDY POESIE MUSIK SNACKS
DIENSTAG, 10. DEZEMBER, 19:30 UHR
MIT:
THE LAKE AND THE WOLF
JULIA SEIDEL
MAREIKE
CORE OLDENBURG HEILIGENGEISTSTRAßE 6-8
26122 OLDENBURG
Von gut zu großartig
Fans des Poetry Slams wissen: Das gesprochene Wort würde auch ganz allein funktionieren, ohne einen großen Rahmen. Aber sie wissen auch: Ein gewisser Mix mit anderen Stilen kann aus einem guten Abend einen großartigen machen. Diese Regeln sind auch dem Core nicht unbekannt und deshalb bietet „Lecker Lyrik“ noch viel mehr als nur Poesie - in der Regel nämlich je einen Act aus den Bereichen Musik, Comedy und Poetry Slam. Sie treten jeweils zweimal mit leicht verdaulichen Häppchen á 15 Minuten auf. In der Summe gibt das ein Sechs-Gänge-Menü mit einer Gesamtdauer von 90 Minuten.
Doch wie kommt man eigentlich darauf, ausgerechnet Lyrik und Poesie zum Aufhänger zu machen? Gibt es da gar keine Angst, altbacken zu wirken? „Tatsächlich findet man diese Begriffe eher selten im Veranstaltungs-Kalender“, gibt Veranstaltungsmanager Steffen Icken zu, der das Format entwickelt hat. Doch er ergänzt: „Wir sind überzeugt, dass auch ein solches Format passend für diesen kreativen und innovativen Ort ist und die Vielfältigkeit des CORE nochmals unterstreicht.“
KURZ ERKLÄRT WAS IST SNACKABLE CONTENT? Der Begriff stammt aus dem Content Marketing, sprich: aus der Werbung. Er bezeichnet kurze Inhalts-Häppchen, die auf einfache Weise produziert werden, optisch attraktiv aufbereitet sind und vom User schnell konsumiert werden können. Optimiert sind sie oft für die Ansicht auf Mobile Devices. Die Schwelle ist hier sehr niedrig, die Verweildauer ebenfalls, was die Klick-Wahrscheinlichkeit gegenüber ausführlicherem Content deutlich erhöhen kann. Nachteil: Es schwieriger, in diesem kurzlebigen Umfeld eine dauerhafte Markenbindung zu erzeugen.
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Comedy statt Cringe
Die Traditionalität der Materie und die Modernität des Ortes schließen sich also überhaupt nicht aus, sondern ergänzen einander ideal. Ausräumen kann man bei dieser Gelegenheit auch das eine oder andere Vorteil. Viele denken bei Lyrik und Poesie nämlich vor allem an die barocke Verskunst eines Andreas Gryphius oder an schwülstige Liebeserklärungen mit hohem Cringe-Faktor. Im Core wird das ganz anders sein; „Das Publikum darf sich auf einen spannende Mischung freuen“, macht Steffen neugierig. „Es wird Slam Poetry und Comedy geben, aber auch Musik - von selbstgeschriebenen und unveröffentlichten Songs bis zu Neuinterpretationen bekannter Hits.“
Unveröffentlicht ist ein gutes Stichwort: Viele der Künstler:innen, die bei „Lekker Lyrik“ auftreten, haben sich noch keinen großen Namen gemacht, sondern stehen noch am Anfang ihrer Karriere. Andere sind bisher - aus welchen Gründen auch immer - unter dem Radar geflogen. Das Format bietet also Chancen: Für die Künstler:innen, sich ein Publikum zu erspielen - und für die Besucher:innen, neue Acts zu entdecken.
Apropos: Die Künstler:innen stammen nicht von Irgendwo, sondern sympathischerweise aus Oldenburg und der (weiteren) Region. Dafür gebe es auch gute Gründe, erklärt Steffen: „Uns ist es wichtig, vorwiegend mit lokalen Künstler:innen zusammenzuarbeiten. Wir möchten ihnen eine Bühne bieten und so unseren Teil dazu beitragen, dass die Szene Freiräume findet.“ Neben dem Kulturgenuss trägt man mit dem Besuch letztlich also auch zu einer guten Sache bei.
MACHT MIT BEI LECKER LYRIK
DIE BÜHNE ALS STARTRAMPE
Ihr habt ein Talent für Musik? Ihr füllt euer Tagebuch mit bühnentauglichen Texten? Bei euren Gags lacht wirklich jeder? Dann nutzt die Chance und entert die Bühne bei Lecker Lyrik! Ob Newcomer oder alte Hasen: Ihr könnt euch ganz einfach bewerben. Mit etwas Glück sorgt ihr beim nächsten Mal für einen gelungenen Abend. Und eure Bühnenkarriere? Geht danach erst so richtig ab.
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Der Snack als Faden
Der rote Faden des Konzepts ist der Snack. Musik und Sprachkunst gibt es als kurze Häppchen, nebenbei kann man Essen und Trinken. Sehen wir hier etwa das ideale Format für das Tempo des Digitalzeitalters?
„Wir würden uns sehr freuen, den Zeitgeist getroffen zu haben“, stimmt Steffen zu. Gleichzeitig gibt er Entwarnung: Ein regelrechtes Stakkato, das an Hektik grenzt, wird es nicht geben. „Auch wenn die einzelnen Auftritte auf ca. 15 Minuten beschränkt sind, soll das Tempo des Abends nicht unnötig schnell sein. Die Gäste können sich auf einen entspannten Abend und eine kleine Auszeit von der hektischen Vorweihnachtsphase freuen.“
Die Bühne dafür ist bereitet: Wortkunst, Musik und Essen in flotter, loser Reihenfolge - stets lang genug, um sich darauf einlassen zu können, aber auch kurz genug um Abwechslung zu ermöglichen. Und dazu auch noch alles aus regionaler Produktion! Das ist Snackable Content im wahrsten und besten Sinne - lasst es auch schmecken!
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