Mathilda Kochan ist die neue Leiterin des Theater k der Kulturetage Oldenburg. Welche Vision sie für das Theater hat und welche besondere Rolle Oldenburger Bürgerinnen und Bürger darin spielen, verrät sie uns im Interview.
Dass Mathilda Kochan irgendwann mal etwas Künstlerisches machen würde, war wohl keine große Überraschung - ihre Mutter ist Sängerin, ihr Vater Komponist. Nach einem Studium des Operngesangs in Düsseldorf zog es die gebürtige Warschauerin aber bald in Richtung Regie. Von 2018 an war sie am Oldenburger Staatstheater tätig, doch nun startet sie im September in eine neue, größere Rolle in ihrem Leben und leitet das Theater k.
Im Interview spricht sie mit uns unter anderem über ihren Drang zur Weiterentwicklung, ihre Vision für das Theater k und welche Hoffnungen sie für die Zukunft hegt.
Mathilda, wie ist es denn dazu gekommen, dass du hier in Oldenburg gelandet bist und jetzt die Leitung vom Theater k übernimmst?
Ich glaube, dass es einerseits Schicksal war und andererseits eine natürliche Weiterentwicklung. Schon während des Studiums habe ich mein eigenes Ensemble für moderne Musik gehabt. Selbstständig agieren und organisieren war immer meins. Nachdem ich jedoch feststellte, dass der Beruf der Opernsängerin nicht so war, wie ich ihn mir vorgestellt hatte, habe ich fünf Jahre lang als Regieassistentin am Oldenburger Staatstheater gearbeitet. Dort habe ich wahnsinnig viele Chancen erhalten und konnte auch bei eigenen Stücken Regie führen. Aber irgendwann hat sich das „auserzählt“ und für mich keine Weiterentwicklung mehr bedeutet. Und ich finde es sehr wichtig, dass man nicht im Stillstand verbleibt und keine Angst vor Veränderung hat. Also habe ich mich beim Theater k beworben.
Wie läuft so ein Prozess ab? Braucht man da dann schon konkrete Visionen für ein Theater bei einem solchen Bewerbungsgespräch?
Als ich meine Bewerbung geschrieben habe, habe ich mich gefragt: Wer bin ich? Was habe ich bereits an Erfahrungen gemacht? Bin ich wirklich der richtige Mensch für diesen Ort? Man setzt sich also mit dem Theater auseinander. Schaut, was funktioniert, wo gibt es Probleme? Und was kann ich als Mensch, mit meinen Erfahrungen, daraus machen? Schon bevor ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, hatte ich die Idee einer Bürgerbühne. Das ist etwas ganz Neues für die Stadt und etwas, das mich total interessiert.
Was kann ich mir denn unter einer Bürgerbühne vorstellen?
Das Modell gibt es bereits in einigen anderen Städten. Die Bürgerbühne soll den soziokulturellen Faktor dieses Theaters darstellen. Ich möchte mit acht bis zehn Bürgerinnen und Bürgern zu einem bestimmten Thema arbeiten. Es soll ein Abbild der Oldenburger Gesellschaft sein und die Menschen auch bei der Stückentwicklung mit einbinden. Dabei habe ich mich von der Geschichte der Kulturetage inspirieren lassen, deren Fokus nach der Gründung in den Achtzigern auch auf experimentellem Theater lag. Diesen Geist möchte ich einerseits zurückbringen und andererseits noch weiter öffnen.
Das heißt, du willst nicht nur ein bestimmtes Stück auf die Bühne bringen, sondern die Darstellenden sollen auch einen Teil von sich selbst mit einbringen.
Ganz genau. Es geht um den biografischen Kontext der Menschen, die in dieser Stadt leben.
Welche Veränderungen planst du denn noch?
Ich möchte mich von dem bisherigen Spielzeitmodell ein wenig entfernen, also nicht zwangsläufig immer fertige Stücke spielen. Stattdessen möchte ich experimenteller denken und mit der Form des Theaters spielen. Also ein wenig wie damals in den Achtzigern. Allerdings ist das nicht reaktionär gemeint, nach dem Motto: „Früher was alles besser“, sondern revolutionär im Gegensatz zu dem, was heutzutage häufig an Theatern gemacht wird. Denn es muss sich auch erneuern. Alle Institutionen müssen sich ab und zu selbst fragen, ob sie noch eine Existenzberechtigung haben. Wer kommt hier her? Für wen mache ich das? Auch das, was wir auf die Bühne bringen, sollten wir ständig prüfen. Warum jetzt? Warum wir? Ich fände es toll, wenn in Oldenburg ein Ort entsteht, an dem man sich ständig hinterfragt, in den Dialog mit dem Publikum kommt und sehr wach bei dem bleibt, was man tut.
Und wie definierst du für dich Erfolg? Wird es abseits bekannter Parameter wie Besucherzahlen und Co. Faktoren geben, bei denen du nach der ersten Aufführung für dich sagst: „Jetzt fühle ich mich gut?“
Es würde mich wahnsinnig bestätigen, wenn ich das Gefühl hätte, dass wir mit den zehn Personen, aus denen die Gruppe für die Bürgerbühne bestehen soll, eine spannende Zukunft vor uns hätten. Mir ist es sehr wichtig, dass das Miteinander funktioniert. Es soll natürlich respektvoll sein, aber es darf ruhig auch verschiedene Sichtweisen geben.
Aufmerksame Kulturschnack-Leserinnen und -Leser kennen dich ja bereits aus der LOGE, dem Theaterkollektiv von dir und Clara Kaiser. (Mit den beiden haben wir übrigens schon im Podcast geschnackt, findet ihr auch hier.) Wirst du das Projekt mit Clara trotz deiner neuen Rolle fortführen?
Das führen Clara und ich auf jeden Fall fort. Wir haben da auch schon etwas Bestimmtes vor.
Sehr gut, dann werden wir weiterhin bestimmt viel von dir hören! Vielen Dank für das Gespräch!
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