Als die Kunstschule im Jahre 1984 ihren Betrieb aufnahm, gab es viele Hoffnungen, aber kaum konkrete Vorstellungen. Wie viel Talent die Schüler:innen mitbringen würden? Ob man eines Tages Künstler:innen hervorbringen würde, die von ihrer Leidenschaft ihr Leben bestreiten können? All das stand nicht fest. Doch die Bilanz nach vierzig Jahren fällt hervorragend aus - wie jetzt eine Ausstellung zeigt.
Es war eine aufregende Zeit. Die erste Hälfte der 1980er Jahre war eine Phase der Veränderung und des Aufbruchs. Obwohl die sogenannte „Bonner Republik“ (gemeint ist die Zeit zwischen 1949 und 1999) vor allem für eine Stabilität an der Schmerzgrenze zur Starre bekannt war, entstanden sub- und soziokulturelle Strömungen, die nach Freiheiten und -räumen drängten.
Im Zuge dieser Bewegung starteten in Oldenburg unter anderem die Werk- und die Kunstschule, letztere damals noch mit dem charmanten, aber etwas zu verspielten Namen Klecks (später auch: Klex). Denn auch wenn dieser einen niedrigschwelligen Zugang signalisierte, wurde er der Sache nicht ganz gerecht. Zwar wurde von den jüngeren Jahrgängen durchaus und vollkommen zurecht herzhaft gekleckst. Die Älteren bewiesen jedoch sehr schnell, dass sie das Zeug zu mehr hatten. Wozu genau? Das zeigt eine große Ausstellung mit Werken von Absolvent:innen der Oldenburger Kunstschule, die jetzt im Schloss zu sehen ist.
OLDENBURGER KUNSTSCHULE:
„BERUFLICHE WEGE IN DIE KÜNSTE"
19. OKTOBER BIS 10. NOVEMBER 2024
DIENSTAG - SAMSTAG
10-18 UHR
OLDENBURGER SCHLOSS
SCHLOSSPLATZ
OLDENBURG
Keimzelle Kunstschule
Betritt man die Ausstellung zum Jubiläum der Oldenburger Kunstschule, fällt eines sofort auf: Mit einer Schule, wie wir sie von früher kennen, hat das wenig zu tun. Hier wirkt nichts, als würde es an Ideen oder Kreativität mangeln, als hätte jemand Schwierigkeiten, eine eigene künstlerische Sprache zu finden oder als wäre etwas halbherzig - nun ja - dahingekleckert worden. Nein, der Eindruck ist ein vollkommen anderer: Hier werden höchst unterschiedliche Werke von talentierten, innovativen und in manchen Fällen sogar bundesweit bekannten Künstler:innen gezeigt, die es in jedem Einzelfall wert sind, gesehen zu werden.
Was das Ganze aber noch spannender bzw. faszinierender macht als die individuelle Qualität der Werke, ist deren gemeinsamer Ursprung. So extrem verschieden sie auch sind, ihre Keimzelle ist immer dieselbe - die Oldenburger Kunstschule. Zunächst in Räumlichkeiten in der Grundschule Staakenweg, seit 1990 am heutigen Standort in der Weskampstraße entwickelten sich die jungen Kunstschüler:innen auf höchst unterschiedliche Weise und erreichten dabei Niveaus, von denen sie vorher vielleicht nicht einmal geträumt haben.
Was sagt uns das? Vor allem dies: Die Kunstschule bietet jungen Menschen genau jenen Raum, den sie brauchen, um ihren persönlichen Weg zu finden. Sie können sich orientieren, positionieren, entwickeln. Das jedoch - und das ist wichtig - mit der nötigen professionellen Hilfestellung, die vorhandenes Talent in die richtigen Bahnen lenkt. Denn selbst wer schon als Kind zeichnet wie Horst Janssen, hat noch lange keine Karriere in der Kunst sicher. Dazu gehört sehr viel mehr als handwerkliches Können - dazu gehört es auch, die eigene Kreativität zu kanalisieren und zu vervollkommnen.
AKTION „MEINE WELT, DEINE WELT“
BESTENS VERNETZT
Es ist keine allzu neue Weisheit: Manchmal sind die einfachsten Ideen die besten. Und eine solche - zunächst ganz einfache - Idee hatte auch Georg Lisek, als er über das Jubiläum der Kunstschule nachdachte.
Denn als es darum ging, wie man die vielen Kooperationspartner:innen aktiv mit einbinden könnte, war die naheliegendste Antwort die beste: Indem sie sich künstlerisch betätigen. Denn was sonst könnte die Verbundenheit zur Kunstschule und die Bedeutung der Kreativität besser ausdrücken?
Keine Frage: Da ist der Kulturschnack natürlich dabei! Und so besuchte uns Georg eines Tages in unserem Office und machte einen schnellen Schnappschuss. Danach ging es schnurstracks zum Atelier in den Schlosshöfen, um eben dieses Bild großformatig (mit ein wenig technischer Hilfe) auf eine Leinwand zu bringen, die während der Jubiläumsausstellung den Stadtraum schmückt - in unserem Fall an der Nadorster Sraße/Ecke Friesenstraße. Wir gestehen: Das war etwas, das wir nir zuvor getan hatten. Aber schnell stand fest: Das war Fun!
Und was für uns galt, das galt auch für andere. Für die Kooperations-partner:innen der Kunstschule ist die Zusammenarbeit bzw. die Unterstützung offenbar kein Lippenbekenntnis. Denn sie alle haben bei ihren Bildern das getan, was auch die Absolvent:innen der Kunstschule auszeichnet: Sie haben ihre ihre Kreativität und Kunstfertigkeit genutzt, um etwas Neues zu kreieren. Und dieser Effekt ist im Gegensatz zu den Produkten auf unserem Nachbarplakat: unbezahlbar!
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Der rote Faden
Wer durch die großräumige Ausstellung im Dachgeschoss des Schlosses schweift und die Werke in all ihrer Unterschiedlichkeit auf sich wirken lässt, wird den roten Faden vielleicht nicht sofort entdecken, nach einiger Zeit aber wahrscheinlich doch. Dieser rote Faden ist die erkennbare Leidenschaft der beteiligten Künstler:innen. Und das ist vielleicht das größte Kompliment, das man der Kuntschule und ihren Absolvent:innen machen kann. Hier wirkt nichts konstruiert, gewollt oder bemüht. Hier wirkt alles, als sei es organisch gewachsen. Gerade so, als hätten die Ideen schon immer in den Künstler:innen geschlummert - und die Kunstschule war der nötige Spiritus rector, um sie Realität werden zu lassen.
Große Vielfalt: Die Ausstellung zum 40jährigen Jubiläum der Oldenburger Kunstschule bietet eine enorm große Bandbreite. (Bilder: Kulturschnack)
Die Ausstellung sagt aber keineswegs nur etwas über die Kunstschule aus, sondern auch über unsere Stadt. Denn erstens steht es ihr gut zu Gesicht, eine solche Institution zu beheimaten und zu unterstützen. Und zweitens deuten auch die hohe Nachfrage nach den Kursen und die Qualität der Arbeiten etwas an: Hier in Oldenburg ist Kunst keine exklusive Spielerei für einige nonkonforme Freigeister. Hier ist Kunst eine anerkannte und geschätzte kreative Ausdrucksform, die viele Impulse für unsere Gesellschaft gibt - und nicht zuletzt deswegen fest in ihr verankert ist.
Mit anderen Augen
Man kann nur hoffen, dass auch in Zukunft viele junge Menschen den Weg in die Oldenburger Kunstschule finden und dort lernen, dass unser Leben aus mehr besteht als Produktivität und Effizienz, als Benchmarks und Ratings. Selbst wer niemals eine Kunstkarriere erwägt, lernt in der Weskampstraße viel für sein Leben.
Die Kunstschule befähigt nicht nur zur technischen Umsetzung von Kunstwerken. Sie befähigt darüber hinaus - und das ist vielleicht noch wichtiger - die Welt mit anderen Augen zu sehen, sie anders zu fühlen und anders auf sie zu reagieren. Wenn man sich umschaut in unserer gesellschaftlichen Gegenwart, möchte man feststellen: Von solchen Ansätzen kann es gar nicht genug geben.
DIE OLDENBURGER KUNSTSCHULE IM PODCAST IN ALLER AUSFÜHRLICHKEIT Wir können an dieser Stelle vieles schreiben, um die Faszination der Kunstschule in Worte zu fassen. Wirklich gerecht können wir ihr kaum werden. Dafür gibt es zum Glück aber andere, die ganz genau wissen, wovon sie reden. In Folge 15 unseres Podcasts waren Deliane Rohlfs, Annekathrin Scheer und Georg Lisek bei uns zu Gast. Im Gespräch erzählten sie uns von den Entstehung der Kunstschule von ihren Schwerpunkten und Zielen, aber auch von den Herausforderungen und Schwierigkeiten. Und zwischendurch ist immer Zeit für wunderbare Anekdoten aus vierzig Jahren Kunstschule zwischen Klecks und Karriere.
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Übrigens liegt das nicht zuletzt an den wunderbaren Menschen, die in der Kunstschule arbeiten. Ihnen gelingt auf eine unbemühte aber trotzdem fokussierte Weise, durchaus hohe Ansprüche mit einer ebenso hohen Zugänglichkeit zu vereinen. Wer mal mit Deliane Rohlfs, Georg Lisek, Annekathrin Scheer oder Sebastian Neubert gesprochen bzw. gearbeitet hat, wird wissen, was wir hier meinen. Sie sind allesamt Menschen, die der Kunst tief verbunden sind, die sie gleichzeitig aber nicht überhöhen, sondern - im Gegenteil - nahbar machen. Das ist sehr viel wert.
Wer also die Oldenburger Kunstschule einmal näher kennen lernen möchte oder einschätzen will, welche Arbeit sie leistet, hat nun im Oldenburger Schloss einen unverbindlichen Anknüpfungspunkt. Man sollte sich das nicht entgehen lassen. Und den Besuch der Ausstellung darf man dann durchaus auch zum Anlass nehmen, sich zu fragen: Wäre Kunst nicht auch was für mich? Die Suche nach der Antwort führt dann am besten direkt zur Kunstschule - übrigens auch für Erwachsene!
Klecks und Karriere
Es war tatsächlich eine aufregende Zeit - damals, in der ersten Hälfte der 1980er Jahre. Wir können und sollten jenen Akteur:innen dankbar sein, die Teil der sub- und soziokulturellen Strömungen waren, weil sie die damalige Starre aufgebrochen und Neues geschaffen haben. Ohne sie hätten wir keine Einrichtung wie die Kunstschule, die Kulturetage, die Werkschule und noch einige andere.
In ihrem Element: Die Künstler:innen Michael Beutler, Lucia Keidel, Hilde Hinrichs und Sven Taddicken bei der Eröffnung der Ausstellung. (v.o.l.n.u.r., Bilder: Oldenburger Kunstschule)
Inzwischen haben wir uns an ihre Existenz gewöhnt. Doch so ein Jubiläum ist vielleicht der richtige Moment, um sich bewusst zu machen, wie wichtig und wertvoll die Veränderungen vor vierzig Jahren waren. Was im Schloss gezeigt wird, hat hohe Qualität und ist absolut sehenswert. Dass die Werke einen gemeinsamen Ursprung haben, macht die Erfahrung noch lohnenswerter - und zeigt welchen Effekt eine Einrichtung wie die Oldenburger Kunstschule haben kann. In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch - auf eine bunte Zukunft zwischen Klecks und Karriere!
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