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KOLUMNE: FEIERTAG MIT FUßNOTE

Seit Mitte 2020 schreibt Kulturschnacker Thorsten eine monatliche Kolumne für die wunderbare Theaterzeitung des Oldenburgischen Staatstheaters. Digital findet ihr sie zum Nachblättern unter www.staatstheater.de. Oder: hier.


Szene aus Proben zu „The Turn of the Screw“, das im Oldenburgischen Staatstheater in Oldenburg zu sehen sein wird.
Theaterarbeit: Auch bei den Proben - wie hier zu „The Turn of the Screw“ - geht es zur Sache. (Bild: Stephan Walzl)

Der März ist ein Monat der Feiertage. Für mich geht es schon am ersten Tag los: Meteorologischer Frühlingsanfang, der Winter ist offiziell vorbei! Und nur eine Woche später steht ein weiteres wichtiges Datum an: Der Internationale Tag der Frauenrechte am 8. März. Er ist mir besonders wichtig, weil Frauen meinen persönlichen Erfahrungen nach ziemlich großartig sind. Mir fehlt jedes Verständnis, warum man irgendeine Form von Benachteiligung tolerieren sollte. Wer an jenem Tag also ein entsprechendes Zeichen setzen will, sollte das unbedingt tun – an den folgenden 364 Tagen aber bitte auch.

 

Von einem anderen Feiertag habe ich erst vor Kurzem erfahren, obwohl er vom International Theatre Institute ITI schon seit 1961 initiiert wurde. Wovon ich rede? Vom Welttheatertag am 27. März – und der ist in dieser Kolumne natürlich noch besser aufgehoben als Frühlingsanfang und Weltfrauentag. Er soll an die vielen Qualitäten, vor allem aber an die gesellschaftliche Rolle des Theaters erinnern. Für ihn gilt aber dasselbe wie für den Tag der Frauenrechte: Er ist nicht nur lobenswert, er ist auch nötig.


Denn obwohl eigentlich alle wissen, was sie am Bühnengeschehen haben, spiegelt der Alltag diese Wertschätzung nicht immer wieder.

 

 

Zwischen Bühne und Bingewatching

 

Wie bitte, fragen jetzt manche. Die Bedeutung des Theaters ist doch vollkommen unumstritten! Und wahrscheinlich sind wir – die wir eine Theaterzeitung lesen – alle dieser Meinung. Aber weiten wir mal unseren Blick, gehen wir raus aus unserer Kultur-Bubble und schauen wir mal auf die Gesamtgesellschaft. Ist die Bedeutung des Theaters tatsächlich unumstritten? Oder gibt es da nicht vielleicht doch die einen oder anderen, die es nicht so sehr vor die Bühne zieht, weil sie Special Effects und Second Screen vermissen? Und sind diese „einen oder anderen“ in Wahrheit nicht sogar die große Mehrheit der Bevölkerung?


Titelseite der Theaterzeitung des Oldenburgischen Staatstheaters aus Oldenburg vom März 2025

Diese Wahrheit tut weh, aber man muss feststellen: So ist es. Der Welttag des Theaters ist deshalb zweierlei. Einerseits: Ein Feiertag! Wir feiern die Bühnen und das, was auf ihnen passiert! Wir feiern Talent und Kreativität, wir feiern Leidenschaft und Energie, wir feiern Inspiration und Provokation. Und wir feiern natürlich auch das, was diese Dinge in uns auslösen. Denn manchmal ändern die Momente im Theatersessel mehr in uns als wir zunächst glauben; jedenfalls häufiger als es auf der heimischen Couch passiert, während wie wieder einmal drei Dinge gleichzeitig tun.

 

Und andererseits? Ist dieser Welttheatertag auch eine Mahnung. Wir dürfen uns leider nicht darauf verlassen, dass die Theaterlandschaft ein sich selbst erhaltendes System ist, das unaufhörlich Stimulationen in unsere Gesellschaft spült. Damit sie diese Funktion übernehmen und noch breiter wirken kann, muss man für die Theater werben. Und das eben nicht nur in der erwähnten Bubble, sondern auch darüber hinaus. Bei jenen, die statt Bühne lieber Bingewatching wählen. Wer am 27. März also ein entsprechendes Zeichen setzen will, sollte das unbedingt tun – an den folgenden 364 Tagen aber bitte auch.

 


Von Wegmarken und Visionen

 

Diese zwei Ebenen – zwischen Feiertag und Mahnung - erinnern uns erneut an was? Genau, an den Weltfrauentag. Und in beiden Fällen ist die Gewichtung genau richtig. Wir dürfen uns durchaus über den Status Quo freuen und alle Fortschritte feiern, die bis hierhin gemacht wurde. Wir sollten das sogar, schließlich brauchen wir „Good Vibes“ im Leben! Aber nur, weil schon etwas erreicht worden ist und Teile der Gesellschaft etwas schätzen oder sogar lieben, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass wir am Ziel sind. Es ist wichtig, bestimmte Wegmarken und Visionen tief zu verinnerlichen, damit sie dauerhaft auf der Agenda bleiben. Und das betrifft viele im Kern absolut positive Themen, die aber Veränderungen von uns verlangen – wie etwa den Klima- und Naturschutz.

 

Den Theatern dieser Welt wäre jede Aufmerksamkeit zu wünschen. Denn es ist ja nicht so, dass sie nur bloße Unterhaltung böten, die uns zwei Stunden Zerstreuung bescheren und sich danach verflüchtigen wie eine Schallwelle. Es ist so viel mehr!

Deshalb sollten wir den Welttag der Theater gebührend begehen und für ihre Bedeutung werben. Dann haben wir einen Grund mehr, auch den 20. März zu genießen. Warum? Es ist der International Day of Happiness der Vereinten Nationen! Ich hab’s ja gesagt: Der März ist ein Monat der Feiertage.

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