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DIE ZEITMASCHINE

Wenn ein Museum seine Bestände digitalisiert, ist das eigentlich keine Meldung wert. Längst ist dieser Prozess Normalität geworden. Anders ist es jedoch, wenn das Stadtmuseum seine Bestände online stellt und mit diesem digitalen Gedächtnis Stadtgeschichte erlebbar macht. Schließlich geht es hier nicht um einige Kunstwerke, sondern um unsere städtische Identität. Spannend!


So viel Grün: Oldenburg rühmt sich, eine grüne Großstadt zu sein. Im digitalen Archiv des Stadtmuseums entdecken wir aber, dass die Zahl
Grüne Großstadt in Schwarz-Weiß: Im digitalen Archiv entdecken wir einige Gemeinsamkeiten und viele Unterschiede zwischen damals und heute. (Bild: Stadtmuseum Oldenburg)

Oldenburg? Kennt man. Glaubt man zumindest. Doch wer sich nur das Hier und Jetzt anschaut, sieht höchstens die Spitze eines gigantischen Eisbergs der Geschichte. 917 Jahre ist es her, dass Oldenburg erstmals urkundlich erwähnt wurde. Seither sind über 330.000 Tage vergangen - und an jedem einzelnen von ihnen ist etwas Interessantes, Kurioses oder Wichtiges passiert.


Was genau? Das kann man sich anlesen, indem man tagelang in dicken Wälzern schmökert oder alle entsprechenden Artikel auf Wikipedia querliest. Oder: Man klickt einfach mal auf die Seite des Stadtmuseums. Dort gibt es jetzt nämlich eine komfortable Datenbank mit digitaliserten Bildern und Werken aus dem Bestand. Nicht weniger als 3.000 sind es allein zum Start - und es werden fortlaufend mehr. Man kann munter drauflos stöbern oder gezielt suchen. Das Ergebnis ist in beiden Fällen dasselbe: es macht Spaß!



Der Alltag als Attraktion


Es gibt nicht etwa nur offizielle Urkunden und Dokument oder alter Ton- und Porzellanscherben zu bestaunen. Dabei würde sich auch unsere Begeisterung in Grenzen halten. Das Stadtmuseum bietet aber etwas anderes - nämlich die Geschichte des Alltags. Was im Augenblick des Geschehens belanglos wirkt, bekommt im Rückblick eine andere Bedeutung, denn es beantwortet die Frage: Wie haben die Menschen damals gelebt? Vielmehr ist es sogar so, dass gerade diese Momentaufnahmen viel mehr über frühere Zeiten aussagen als aufwändig inszenierte Aufnahmen.


Damals ging's noch: Langlauf-Ski sieht man in Oldenburg heutzutage gar nicht mehr - im Jahr 1985 konnte man noch über die Ofener Straße gleiten. (Bild: Stadtmuseum Oldenburg / Paul Kreier)
Damals ging's noch: Langlauf-Ski sieht man in Oldenburg heutzutage gar nicht mehr - im Jahr 1985 konnte man noch über die Ofener Straße gleiten. (Bild: Stadtmuseum Oldenburg / Paul Kreier)

Letztlich sind es genau diese Einblicke in das normale gesellschaftliche Leben, das die User:innen am meisten interessiert. Der Abgleich zwischen Damals und Heute hat auch schon dem feinen Portal alt-oldenburg.de zu stattlichen Nutzer:innenzahlen verholfen. Auch Ausstellungen zu diesem Themenbereich - wie etwa „Zwischen Erinnerung und Inszenierung“ - laufen immer wieder erfolgreich. Zwar ist der Blick zurück auf Unwiderbringliches manchmal durchaus schmerzhaft. Das Zurückversetzen in vergangene Zeiten hilft aber immer dabei, das Verständnis für die Stadt und ihre Entwicklung zu steigern.



Eine neue Museumskultur


„Mit der Online-Sammlung machen wir einen großen Schritt zu einer weiteren Sammlungsöffnung, der uns mehr Austausch mit den Menschen in der Stadt ermöglicht“, freut sich Sammlungsleitung Franziska Boegehold-Gude über den Start. Die enge Einbindung der Bevölkerung ist für das Stadtmuseum Oldenburg längst entscheidend geworden. Immer wieder erhält das Team wertvollen Input oder Materialien von den Bürger:innen und kann seine Sammlung so noch näher an den Menschen orientieren.



Voller Entdeckungen: Über dreitausend Werke warten darauf, von euch entdeckt zu werden. Manche von ihnen werden euren Blick auf Oldenburg verändern. (Bilder: Stadtmuseum Oldenburg)


In diese Richtung zielt nun auch das Online-Archiv. „Unser Ziel ist eine für alle Bürgerinnen und Bürger frei und einfach zu erforschende Sammlung“, erklärt Museumsleiter Dr. Steffen Wiegmann. Aber das ist noch nicht alles: Man kann die Sammlung selber weiter aufwerten. Wer Fehler findet oder weitere Informationen zu einem Objekt hat, kann sich direkt ans Stadtmuseum wenden. Also: Macht mit! Und wer selbst über größere fotografische Sammlung verfügt, kann sich ebenfalls dort melden. EWer weiß, vielleicht lagern die wertvollsten Bilder der Stadtgeschichte in euren Archiven?


Zusätzlich zur komfortablen Suchfunktion wir es immer wieder kuratierte Sammlungen geben, zum Start im Januar unter dem Titel „Oldenburg friert nicht“ eine jahreszeitlich passende Auswahl an Bildern, die frühere Oldenburger Winter zeigen. Jeden Monat werden dazu Postkarten mit Motiven aus der jeweiligen Sammlung erscheinen, die an verschiedenen Orten in der Stadt ausliegen. Also: Augen offen halten - und Stadtgeschichte sammeln.




Amalie? Cäcilie? Wer im digitalen Archiv des Stadtmuseums unterwegs ist, lernt dabei auch, dass es zwei baugleiche Hubbrücken über den Küstenkanal gab. (Bild: Stadtmuseum Oldenburg)
Amalie? Cäcilie? Wer im digitalen Archiv des Stadtmuseums unterwegs ist, lernt dabei auch, dass es zwei baugleiche Hubbrücken über den Küstenkanal gab. (Bild: Stadtmuseum Oldenburg)

Blick zurück nach vorn


Nicht zuletzt liegen die Antworten auf die Fragen der Gegenwart manchmal auch in der Vergangenheit. Natürlich stellen sich heute ganz andere Herausforderungen als in früheren Jahrhunderten. Über KI und Klimawandel hat damals niemand nachgedacht. Was das Gespür für Gestaltung und Ästhetik betrifft und was den Fokus auf die zwischenmenschlichen Bereiche des Lebens angeht, lohnt sich der Blick in die Geschichte aber immer. Zumal er einen besonderen Vorteil hat: Lässt man sich von der Lokalgeschichte inspirieren, importiert die entsprechenden Ideen nicht von sonstwoher, sondern aus der eigenen Vergangenheit. Authentischer kann es gar nicht sein.


Man muss das Angebot des Stadtmuseums aber gar nicht inhaltlich überfrachten. Am wichtigsten ist der Spaß an der Sache. Wenn man sich langsam in den historischen Aufnahmen oder Artefakten verliert, und wenn man auf Bildern wie jenem ganz oben detektivisch die Unterschiede zur Gegenwart aufspürt, dann fühlt man sich tatsächlich wie in einer Zeitmaschine. Also steigt ein und macht euch auf eine Entdeckungsreise in die Oldenburger Geschichte. Und wenn ihr fertig seid, geht's zurück in die Zukunft!


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