Die World Press Photo Oldenburg findet in diesem Jahr zum zehnten Mal statt. In verschiedenen Rollen war Kulturschnacker Thorsten von Anfang an dabei - und durfte deshalb einen Beitrag zum Programmheft beisteuern. Seine Gedanken zur „WPP“ lest ihr hier!
Es ist lange her. Genauer gesagt: neun Jahre. Trotzdem erinnere ich mich noch genau an das Gefühl von damals. An diese Wucht der Erkenntnis, dass gerade etwas ganz Besonderes passiert. Wovon ich rede, ist klar: Von der allerersten World Press Photo Ausstellung in Oldenburg.
Heute kann man es kaum noch glauben, aber damals war sie ein Experiment. Ob das Ganze funktionieren würde? Wusste vorab niemand. Außer einem: Claus Spitzer-Ewersmann. Dem früheren Journalisten war klar, dass die besten Pressefotos der Welt Relevanz und Ästhetik vermischen wie kein anderes Medium. Sie stammen von Brennpunkten dieser Welt und erzählen Geschichten, die sie bewegen und uns berühren. Gleichzeitig sind sie visuell überwältigend und sorgen dadurch für eine manchmal schmerzhafte, jedoch immer wertvolle Konfrontation. Es ist diese spannungsvolle Kombination, die sie so wirkungsvoll macht.
Über die Ränder hinaus
Für das Medivanti-Team kam jedoch nie in Frage, einfach nur Bilder aufzuhängen. Drei Dinge machen die WPP in Oldenburg einzigartig: Erstens: Die spürbare Leidenschaft für Fotografie. Zweitens: Das Wissen um die Bedeutung und Wirkungskraft der Bilder über ihre Ränder hinaus. Und drittens: Das redaktionelle Gespür für eine starke Inszenierung.
Diese Faktoren ergänzen und verstärken sich perfekt. Das Ergebnis? Die vielleicht beste Variante der Ausstellung überhaupt.
Natürlich stehen auch in Oldenburg die Bilder im Mittelpunkt. Doch das umfangreiche Rahmenprogramm setzt sie in einen Kontext, bietet Hintergrundwissen, stellt Zusammenhänge her, gewährt Einblicke. Entscheidend dabei: Die Menschen hinter der Linse – und die Begegnung mit ihnen. Dem Mediavanti-Team gelang es nicht nur, viele Preisträger:innen nach Oldenburg zu locken und sie für spannende, bewegende Vorträge zu gewinnen. Darüber hinaus entdeckten sie weniger bekannte Fotograf:innen, die erst nach ihren Besuchen in Oldenburg zu Ruhm gelangten – wie Esther Horvath oder Johannes Kako.
Die Bedeutung der Pressefotografie
Aber auch die vielen anderen Punkte des Programms sorgten dafür, dass aus der WPP in Oldenburg ein „Place to be“ wurde: Ein Ort, an dem man gewesen muss. Ob es die intime, nahbare Atmosphäre der Sonntags-Matineen ist, der genial-kreative Spirit der Slam- oder Impro-Formate oder die lehrreichen Einblicke der Vorträge und Workshops, eines haben alle Veranstaltungen gemeinsam: Sie feiern die (Presse-)Fotografie und betonen ihre Bedeutung für Demokratie und Gesellschaft. Noch dazu steht die Oldenburger Ausstellung nie still. So wurde mit der Einbindung der „Everyday Projects“ gewissermaßen das Gegenteil der Pressefotos zum Bestandteil der Ausstellung und bereicherte sie um einen Blick auf die globale Alltäglichkeit.
Wie gesagt: Es ist lange her. Die Wucht hat nachgelassen, doch die Erkenntnis ist geblieben: Mit der World Press Photo Ausstellung passiert in Oldenburg etwas ganz Besonderes – Jahr für Jahr, in unverändert hoher Qualität.
Die Welt dreht sich zwar weiter, doch die Pressbilder halten sie fest, in den Zuspitzungen des Augenblicks. Dadurch sind sie beides: Pause-Taste und Brennglas für die Zeitgeschichte. Genau macht sie so wichtig, wertvoll - und schmerzhaft schön.
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