Sie ist längst zu einem alljährlichen Ritual geworden: Die World Press Photo Ausstellung im Oldenburger Schloss. Wir sind gewöhnt daran, dort die besten Pressebilder der Welt zu sehen. Aber wie kommen sie eigentlich dorthin? Was ist dafür nötig? Und wie viel Arbeit steckt dahinter? Wir haben Organisations-Leiterin Lisa Knoll von der Agentur Mediavanti durch ihr „World Press Year“ begleitet - und dabei die Gründe für den Erfolg der WPP erfahren.

Es gibt sie durchaus: Die Phasen im Jahr, in denen Lisa Knoll nichts mit der World Press Photo Ausstellung zu tun hat. „Wir befinden uns fast am Ende des einjährigen Ausstellungszyklus“, erklärt die Organisationsleiterin. Das habe zur Folge, dass schon bald nach dem Abbau die Gewinner des neuen Jahres bekanntgegeben werden. „Nach dem Ende unserer Ausstellung vergehen ungefähr drei Wochen, in denen die WPP bei mir keine Rolle spielt“, schmunzelt die 32-Jährige - wohl wissend, dass dieser Zeitraum winzig klein ist. Die restlichen 49 Wochen des Jahres? Hat Lisa beinahe durchgehend mit der WPP zu tun. „Mal mehr, mal weniger, aber es gibt ein ständiges Grundrauschen.“
Für diese ganzjährige Allgegenwärtigkeit gibt es gute Gründe. Denn: Wer die weltbesten Pressefotos nicht bloß aufhängen, sondern in einen Kontext stellen will, wer nicht nur die Bilder wirken lassen, sondern auch die Fotograf:innen zu Wort kommen lassen möchte und wer Wert darauf legt, dass die Fotografie als Medium der Kommunikation und der Kunst noch besser verstanden wird, kurzum: wer Erfahrungen bieten will, die bleibenden Eindruck hinterlassen, kann nicht erst am Vorabend der Eröffnung damit anfangen.

Aber was gibt es eigentlich alles zu tun? Wann muss es passieren? Und wer spielt dabei eine Rolle? Für die Antworten auf diese Fragen hat Lisa uns mitgenommen auf eine einjährige Reise. Sie hat uns berichtet, wie ihr „World Press Year“ aussieht: Von eben jener kurzen Phase, in der sie nach einer Ausstellung kurz durchatmet, über die vielen Monate der Begegnungen, Gespräche und Vorbereitungen bis zu den adrenalingetränkten Momenten vor der nächsten Eröffnung. Wir tauchen dabei ganz tief ein in die Welt der Pressefotografie, aber auch in Fragen der Ausstellungskonzeption. Wie gelingt es, eine Bildersammlung zu einem spektakulären Publikumserfolg zu machen? Das - und noch viel mehr - erfahrt ihr hier.

Verlassen fühlt es sich an, das Dachgeschoss im Oldenburger Schloss. Wo in den letzten Wochen noch dutzende, bisweilen hunderte Menschen gleichzeitig durch die Flure drängelten und sich von etwa 130 spektakulären Bildern bewegen ließen, herrschen am Montag nach dem Ausstellungsende plötzlich Leere und Stille. Genau die spürt Organisations-Leiterin Lisa Knoll auch in sich: „In diesem Moment fehlt durchaus was“, gibt sie zu. „Der Abbau der Ausstellung dauert nur drei bis vier Stunden. Das ist zu wenig Zeit, um damit abzuschließen.“

An den Gedanken, dass sie nun etwas Abstand gewinnen kann und ein paar Wochen ohne die WPP verbringen darf, muss Lisa sich erst gewöhnen. „Wir machen bei Mediavanti normalerweise gar keine Ausstellungen. Und dann wächst plötzlich wieder die Erkenntnis: Mensch, du bist ja eigentlich Redakteurin“, lacht sie. Auch wenn bereits ein Stapel anderer Arbeit auf sie wartet, bedeutet die kurze Verschnaufpause eine große Erleichterung: „Während der Ausstellung bin ich rund um die Uhr ansprechbar. Es tut gut, das Telefon abends einfach mal ausstellen zu können.“

Bereits im April findet alljährlich der Höhepunkt des WPP-Jahres statt. Im niederländischen Amsterdam - dem Sitz der World Press Photo Foundation - werden die besten Pressebilder des Vorjahres verkündet. Alles, was bis zum 31. Dezember eingereicht wurde, ist zu diesem Zeitpunkt von einer Fachjury gesichtet und bewertet worden. In Zahlen ausgedrückt: Über 60.000 Bilder von etwa 3.500 Fotograf:innen aus 130 Ländern.
„Wir sitzen an diesem Tag ständig am Rechner und aktualisieren den Tab“, schmunzelt Lisa. Alle im Mediavanti-Team seien gleichermaßen gespannt auf die neuen Motive und hätten nach der Verkündung erstmal Redebedarf: Welche Bilder und Projekte mag man besonders gerne? Wo kommen die Preisträger:innen der vier globalen Kategorien Photo, Story, Long-Term Project und Open Format her? Wäre es realistisch, eine:n von ihnen nach Oldenburg zu holen? „Für uns geht es ab diesem Zeitpunkt richtig los, weil wir gleich Ideen entwickeln.“

Für die Entscheidung über das Titelmotiv passieren zu diesem Zeitpunkt bereits Weichenstellungen. „Es müssen immer drei Faktoren stimmen: Das Bild, die Geschichte dahinter und die Person, die sie erzählt“, erklärt Lisa. Oft passe beim „Photo of the Year“ alles zusammen, einige Male habe man aber von dem Grundsatz abweichen müssen, es für die Oldenburger Ausstellung zu verwenden. „Die dramatischen Siegerbilder aus der Ukraine (2023) und dem Gaza-Streifen (2024) zu plakatieren, wäre pietätlos gewesen - da waren wir sofort alle einer Meinung.“ In diesen Fällen geht der Blick auf die Sieger:innen der Regionalentscheide - die mit Lee-Ann Olwage und Eddie Jim in den betreffenden Jahren hervorragende Alternativen boten.

Während die Verkündung der Gewinner:innen im April die größte Öffentlichkeitswirkung besitzt, ist für das Medavanti-Team ein anderes Ereignis genauso wichtig. Erst im Folgemonat findet nämlich die feierliche Verleihung statt - und um dieses Ereignis stricken sich eine ganze Reihe anderer Veranstaltungen. Dazu gehört unter anderem das Treffen der Ausrichterstädte, von denen es im Jahr 2024 insgesamt 89 gab. „Die kommen natürlich nicht alle“, schränkt Lisa ein, unter anderem weil die Anreise für viele schlicht zu weit ist. Etwa zwanzig Delegationen seien in Amsterdam vertreten - und diejenige aus Oldenburg sei immer dabei. Für Lisa ist der Besuch sogar eine Art Heimspiel: Sie studierte an der Carl von Ossietzky Universität u.a. Niederlandistik.
Erstes Bild: De Nieuwe Kerk hat sich als Heimat der World Press Photo Award Ceremony etabliert. Zweites Bild: Die Presträger:innen von 2024 fühlen sich im Inneren sichtlich wohl. (Bilder: Wikipedia Commons / Frank van Beek)
Die regelmäßigen Besuche haben verschiedene Vorteile. Zum einen wüchsen auf diese Weise die Foundation und der Ausstellungsort Oldenburg enger zusammen, was die Zusammenarbeit deutlich vereinfache. „Noch wichtiger sind aber die Events mit den Preisträger:innen“, weiß Lisa. Zwar seien sie bei der offiziellen Zeremonie weniger gut ansprechbar, dafür gebe es aber andere Gelegenheiten, die dafür ideal seien: „Alle stellen ihre Projekte in kleineren Kreisen mit kurzen Impulsvorträgen vor. Da kann man sie ganz persönlich erleben, Fragen stellen und erste Kontakte knüpfen.“
So sei es auch beim Ehrengast der World Press Photo Ausstellung 2024 in Oldenburg gewesen. Eddi Jim hat in der De Nieuwe Kerk von seinem Fotoprojekt auf Fidschi erzählt, in dem er den Klimawandel für den Inselstaat im Pazifik thematisiert. „Ich habe sofort so eine Verbindung gespürt und gedacht: Der erzählt mit so viel Herzblut und so viel Leidenschaft, das kann ich mir total gut im Schloss vorstellen.“ Ein durchaus prophetischer Gedanke, wie sich später herausstellen sollte.


Nach Lisas Rückkehr wird die Auswahl des Plakatmotivs und des Ehrengastes im Team besprochen. „Ich darf dabei das Zünglein an der Waage sein“, freut sich die Redakteurin. „Schließlich habe ich persönliche Eindrücke gesammelt“. Und manchmal kann sie die Auswahl sogar mit ihrer eigenen Biographie verknüpfen: Eddie Jim lebt nämlich in Melbourne - jener Stadt, in der Lisa acht Jahre zuvor Praktika beim Goethe Institut und beim Radiosender SBS Australia machte. „Oft ist es aber so, dass sich das Bauchgefühl bestätigt, das sich in unseren Vorbesprechungen bereits abgezeichnet hat“, verrät die studierte Anglistikerin. Man kennt sich eben aus bei Mediavanti - nach zehn Jahren World Press Photo in Oldenburg.
Bevor es daran geht, die Fotografin oder den Fotografen anzufragen, für die/den man sich entschieden hat, müssen aber noch andere Fragen geklärt werden. „Welches Budget steht uns zur Verfügung? Lässt sich die Anreise des Ehrengasts realisieren? Was haben wir mit der Person vor? Können wir noch etwas anderes drumrum stricken, damit sich der Aufenthalt mehr lohnt? Welche Kooperationen wollen wir noch eingehen?“, nennt Lisa eine ganze Reihe an Themen, die sich zu diesem Zeitpunkt aufdrängen.

Mit den Entscheidungen konkretisieren sich auch die Tätigkeiten für das Mediavanti-Team, die in drei Bereiche aufgeteilt werden: „Alke zur Mühlen kümmert sich um Social Media und Marketing, Claus Spitzer-Ewersmann strickt das Rahmenprogramm, kümmert sich um Sponsoring und Kooperationen und übernimmt das Programmheft “, erklärt Lisa. Und sie selbst? „Ich bin für die gesamte Organisation verantwortlich, damit am Ende die Ausstellung auch so stattfindet, wie wir uns das vorstellen.“ Beruhigend: Zu diesem Zeitpunkt sind es noch acht Monate bis zur Eröffnung.

Nachdem sich das Team intern auf einen Ehrengast geeinigt hat, bei dem die oben erwähnten drei Grundsätze erfüllt sind, folgt nun der entscheidende Schritt: Die offizielle Anfrage. Die ist aber mit weniger Unsicherheiten verbunden als man vermuten könnte: „Die Zusagen kommen immer sehr schnell“, berichtet Lisa. Es gehe an dieser Stelle auch noch nicht um alle Details, sondern vor allem um die Fragen: Zusage - Ja oder Nein? Und welche Honorarvorstellungen gibt es? „Wenn diese Fragen geklärt sind, muss man nicht alles noch schriftlich fixieren“, gewährt Lisa einen Einblick. „Die Branche funktioniert so, dass Worte etwas zählen. Wenn jemand zugesagt hat, kann man sich darauf verlassen.“
Dass die Anfragen so schlank verlaufen, liegt aber auch daran, dass es zu diesem Zeitpunkt noch kein Programm existiert, das man vorstellen könnte. Doch dessen Entstehung startet ebenfalls jetzt. „Wir halten immer die Augen offen, was mögliche Gäste angeht“, erzählt Lisa. Das sei eine ganzjährige Aufgabe, die auf ganz unterschiedlichen Wegen passiere: „Natürlich recherchieren wir viel: Wo arbeiten Fotograf:innen gerade an spannenden Projekten? Wäre es realistisch, sie einzuladen? Wer im Winter eine Fotoreise durch Patagonien macht, kommt nicht für einen Kurzbesuch nach Oldenburg.“ Andere Kandidat:innen fände man über die einschlägigen Instagram-Kanäle, oft seien es aber auch persönliche Tipps: „Es kommt immer wieder vor, dass unsere Gäste befreundete Kolleg:innen empfehlen, die ebenfalls spannende Projekte realisieren.“

Aus all den Hinweisen wird nun ein Puzzlespiel für das Programm: Wer eignet sich für eine Sonntagsmatinee, wer für einen Vortrag im Schloss? Ergänzen sich die Themen oder gibt es Doppelungen? „Die Frage ist immer: Kann die Person einen 45-minütigen Vortrag alleine tragen? Oder fühlt sie sich in einem geführten Gespräch wohler? Das entscheiden wir mal so, mal so.“ Und manchmal kommt es sogar zu echten Karrieren: So war der aufstrebende Hannoveraner Fotograf Jonas Kakó zunächst in einer Sonntagsmatinee zu Gast, wo traditionell jüngere Fotograf:innen ihre Heimat haben. Doch dann gewann er den World Press Photo Award für die Region Nordamerika - und kehrte im Folgejahr mit einem Vortrag im Schlosssaal nach Oldenburg zurück.
Ebenfalls im Juli beginnen die Vorüberlegungen der Sonderschau „The Everyday Projects“ und dort vor allem die Frage, welches Thema dargestellt werden soll. Dabei richte man den Fokus - anders als die Hauptausstellung - nicht auf die Brennpunkte des Weltgeschehens, sondern auf Nischen, die sonst übersehen würden. „Durch die Umstellung des World Press Photo Awards auf regionale Entscheidungen sind die Kategorien Sport- und Naturfotos weggefallen. Man hat deshalb wenig Gelegenheit zum durchatmen“, ist sich die 32-Jährige bewusst. Diese Gelegenheit böten nun The Everyday Projects. Zwar würden dort auch Themen wie Klimawandel und bedrohte Tierarten aufgegriffen, jedoch mit anderem Ansatz: Die Bilder stammen von Fotograf:innen aus der jeweiligen Region. „Dadurch tritt der sogenannte 'Western Gaze' in den Hintergrund.“

Im Spätsommer wird es zunehmend konkret für das kleine Team der World Press Photo Ausstellung in Oldenburg. Das Kandidaten:innenfeld für das Rahmenprogramm dünnt sich aus bzw. wird endgültig fixiert. Bis dieser Prozess abgeschlossen ist, wird er insgesamt etwa sechs Wochen gedauert haben. „Man muss immer ein wenig aufpassen, dass man kein Thema auswählt, weil man es selber cool findet. Oldenburg muss es cool finden!“, lacht Lisa. Doch das Gespür trügt meistens nicht. „Wir sind uns in der Regel sicher, das unsere Auswahl gut zum allgemeinen Geschmack passt. Und das war bisher auch immer der Fall.“

In diesen Wochen sind auch die eingeladenen Gäste selbst schon gefragt: Für Programmheft und Social Media müssen sie Projektbeschreibungen, Portraitfotos und Hintergrund-Informationen liefern. Auch Beispielbilder aus ihren Arbeiten sind nötig, um die Veranstaltungen vermarkten zu können. Mit den Entscheidungen und Konkretisierungen können nun auch die Locations gebucht bzw. reserviert werden. Und auch der Ehrengast rückt wieder in den Fokus: Sobald sich das Programm herauskristallisiert hat und seine bzw. ihre Auftritte feststehen, können Flüge gebucht und Hotelzimmer reserviert werden.
Eine wichtige Rolle spielt auch das sogenannte „Arrangement & Orders Document“ der World Press Photo Foundation. „Da trage ich alles ein: An welchem Tag muss die große Speditionskiste mit den Bildern geliefert werden? Wie gelangt die Spedition ins Schloss? Was ist meine Handynummer für Notfälle?“ Es gehe um viel Organisatorisches, auch etliche Detailfragen zur Ausstattung. „Alles, was mit der Foundation geklärt werden muss, läuft über meinen Tisch. Man hat so viel miteinander zu tun, dass man beinahe schon befreundet ist“, lacht Lisa.


Dies sind die Wochen der Feinarbeit. Zusätzlich zu weiteren Details für die Gastvorträge finden auch Absprachen mit den lokalen Kooperationspartner:innen statt. Das betrifft zum Beispiel die Workshops, die in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Oldenburg angeboten werden, aber auch die außerordentlich erfolgreichen Schüler:innenführungen. „Die sind inzwischen aber schon so versiert, dass das weitgehend von allein läuft“, freut sich Lisa. Es gehe vor allem um die Abstimmung, welche Vormittage für die Schüler:innenführungen freigehalten werden, damit alles im Programmheft veröffentlicht werden kann und keine weiteren Führungen parallel laufen.

Manchmal gibt es auch größere Neuerungen zu organisieren. So wandern die beliebten Sonntagsmatineen zur 10. Ausstellung von der Buchhandlung Isensee zum Woyton Café in der Langen Straße 1. „Das ist ein Experiment“, ist sich Lisa bewusst. „Wir wollten Kaffee und Croissants anbieten, um es noch etwas gemütlicher zu machen. Zudem haben wir uns gefragt, ob wir noch anderes Publikum erreichen können.“ Dafür sei trotz der angenehmen Atmosphäre am alten Platz ein Ortswechsel nötig gewesen. Wechselnde Orte haben auch die neuen und außergewöhnlichen Formate. Früher gab es mal den Foto-Slam im Polyester Klub, zuletzt den Impro-Slam in einem Hörsaal der Universität. Ins Core geht es dagegen im Jubiläumsjahr für eine neue Improveranstaltung mit SpontanOL-Mastermind Jürgen Boese. Die Vorbereitung für das Event laufen ebenfalls schon zu diesem Zeitpunkt an..

Die Feinarbeit setzt sich fort. Trotz des frühen Starts im August trudeln erst im Laufe des Oktober die letzten Inhalte für das Programmheft ein - darunter manchmal auch Gastbeiträge von Kulturschnackern. Doch auch manche Fotograf:innen kommen aufgrund längerer Reisen erst jetzt dazu, das angefragte Material zu übersenden. Nun wird alles zusammengführt, miteinander kombiniert und in vielen Schritten optimiert.
Gut Ding will Weile haben: Bis aus den ersten Ideen das fertige Programmheft der World Press Photo Ausstellung wird, vergehen einige Monate. (Bilder: Mediavanti)
Zudem werden in diesen Tagen die Zuständigkeiten innerhalb des Teams geklärt: „Im Herbst legen wir fest, wer von uns die Veranstaltungen moderieren wird und wer sie ansonsten betreut - also ein paar Fotos macht und einfach mal ein Kabel von A nach B trägt.“ Das passiere immer mit einer Vertretung, damit im Notfall ein Backup vorhanden sei. Auch sie selbst übernehme dabei Moderationen - auch wenn sie als Organisationsleiterin sowieso schon viel um die Ohren hat. „Ich mache das einfach gern“, nennt sie die beste aller Begründungen - und nimmt dafür die Mehrbelastung in Kauf,

Nachem alle Inhalte angeliefert worden sind, geht es im November an die Feinheiten der Gestaltung des Programmhefts. Auch der eine oder andere Text will noch geschrieben werden, geht aufgrund des spannenden Materials aber in der Regel leicht von der Hand. Obwohl das Programmheft erst Anfang Januar online verfügbar sein wird und erst im Januar im Stadtgebiet ausliegt, muss der Prozess bereits anlaufen, da mit Abstimmungen und Korrekturen stets viel Zeit verstreicht. Doch die routinierte Zeitplanung sorgt dafür, dass bei dieser Frage keine Stressmomente mehr entstehen.

Auf Lisa wartet zudem noch eine angenehme Aufgabe: Nämlich die Gestaltung der Sonderschau. „Es macht wirklich Spaß, die Ausstellung selber zu layouten. Die Fotoauswahl übernimmt zwar die Kuratorin. Aber wie das in Oldenburg gehängt wird, das entscheide dann ich“, erklärte die Organisations-Leiterin nicht ohne Stolz. Zwar schicke sie ihre Entwürfe nochmal zur Freigabe an die Everyday Projects, aber in der Regel kämen keine großen Veränderungen. Danach gehe es an das Übersetzen der Texte die allesamt auf Englisch zugliefert würden. „Dabei muss man hier und da etwas kürzen, damit der Inhalt auf unsere zweisprachigen Hinweistafeln passt.“ Nach der zweiten Korrekturschleife sei dann aber immer alles druckreif, ergänzt Lisa schmunzelnd.

Während das Jahr langsam ausklingt, nähert sich ein besonderer Moment im Vorfeld der Ausstellungseröffnung: die alljährliche Auftakt-Pressekonferenz. Sie ist ein Kristallisationspunkt für all die Vorarbeiten, die in den letzten Monaten stattgefunden haben. „Bis zu diesem Zeitpunkt müssen alle Deals fix sein, die zuvor vielleicht noch in der Schwebe waren. Schließlich wollen wir hier etwas vorzeigen. Und wenn wir drüber reden, müssen wir wissen: Das ist fix", betont Lisa. Das mediale Interesse ist immer groß und reicht weit über die Stadtgrenzen hinaus. Schließlich gibt es die World Press Photos selbst in der benachbarten Großstadt wie Bremen nicht zu sehen.

Wichtig ist zum Jahresende zudem ein organisatorisches Thema, nämlich die Auswahl des Teams für die Ausstellungsbetreuung - also für Garderobe, Infotisch und weitere Aufgaben. „Es ist immer eine Kombination aus alten Hasen, die wiederkommen, und neuen Leuten, die du erst finden musst“, beschreibt Lisa die Mischung. Letzteres geschehe aber oft über das vorhandene Personal, das etwa Mitbewohner:innen weiterempfioehlt. Für die zehn his fünfzehn Personen werden dann Dienstpläne entwickelt und ein Briefing-Treffen organisiert. „Wichtig ist, dass sie gute Arbeit machen, aber auch Bock auf die Ausstellung haben“, betont Lisa. Schließlich seien auch sie die Gesichter der WPP und vermitteln idealerweise eine Begeisterung fürs Thema.

Im Januar beginnt schließlich die Phase, in der die World Press Photo Ausstellung auch für die Allgemeinheit sichtbar wird. Zwar tauchen rund um die Auftakt-Pressekonferenz bereits eine Reihe von Presseberichten auf - doch die bleiben vergleichsweise abstrakt. Nun aber taucht an den Litfaßsäulen und Plakatwänden in der Stadt wieder die markante Kombination aus starkem Fotomotiv und viel Weißraum auf. Mit Ausnahme des Siegerbildes von 2021, das als bisher einziges Hochformat eine andere Gestaltung verlangte, hat sich das Design fest etabliert und sorgt für große Aufmerksamkeit. Bei vielen Fans der WPP entwickelt sich die alljährliche Vorfreude, sobald sie das Plakat entdecken. Doch noch sind es einige Wochen bis zum Start.
„Mit dem Plakat hätten wir eigentlich anfangen können, sobald der Ehrengast feststeht“, stellt Lisa fest. Doch während Motiv und Design-Vorschriften schnell feststünden, ändere sich bei den Kopperationspartner:innen und Sponsor:innen immer wieder etwas. „Eigentlich fällt nie jemand weg - aber es kommen immer wieder neue dazu.“ Und die wollen natürlich ihr Logo auf dem Plakat sehen. Deshalb passiert auch dieser Arbeitsschritt wie so vieles rund um die Eröffnung einer Ausstellung: Just in time.
Leicht zeitversetzt findet auch das kleinformatige Programmheft seinen Weg an die vielen Auslagestellen. Hier macht sich die viele Arbeit bezahlt, die das Mediavanti-Team im vergangenen Herbst hineingesteckt hat. All das, was im Laufe des Jahres erdacht, abgesprochen, konzipiert und organisiert wurde, ist in dieses Ergebnis eingeflossen. Dass man an dieser Stelle bereits einen Blick auf einige Bilder der Ausstellung werfen kann, wertet die Bedeutung sogar noch etwas auf. Das kleine Heft macht neugierung - und erfüllt damit genau seinen Zweck.


Mit dem Februar beginnt der intensivste Monat des Jahres. Nicht erst mit dem Ausstellungsbeginn, sondern schon deutlich früher beginnt die „heiße Phase“ der World Press Photo Ausstellung in Oldenburg. Um die Aufbauwoche - also die vier Werktage vor der Vernissage am Freitag - möglichst zu entzerren, finden einige Aufbauarbeiten bereits in der ersten Februarwoche statt: So werden die Sitzmöbel geliefert und auch die Sonderschau „The Everyday Projects“ ist bereits vor Ort und kann gehängt werden.
Richtiggehend wild wird es aber erst in der zweiten Woche: „Das ist für mich immer eine 70-Stunden-Woche. Aber eine, die ich sehr gerne mache“, ist sich Lisa der Herausforderung bewusst. Am Montag könne man noch die eine oder andere Besorgung machen. „Von Dienstag bis Sonntag bin ich dann aber gefühlt durchgehend im Schloss.“ Die Termine seien einfach sehr dicht gedrängt und ließen sich teilweise nicht weiter entzerren, weil viele Schritte die Anwesenheit der Kuratorin der World Press Photo Foundation vorsähen - und die käme erst am Mittwoch vor der Ausstellung.

Bereits tags zuvor treffen die Bilder ein und müssen ins Dachgeschoss verfrachtet werden. „Eigentlich ist es Routine“, berichtet Lisa, betont dabei aber das erste Wort. Mit einem Schmuzeln ergänzt sie: „Das Landesmuseum ist ein sehr altes Haus. Wir haben nicht die Möglichkeit, die sperrigen, schweren Foto-Kisten in einen riesigen, geräumigen Aufzug zu schieben.“ Der vorhanden Lastenaufzug dürfte nicht schmaler sein und verlange stets Millimeterarbeit. „Wenn wir mit den beiden Kisten die Ausstellungsräume erreicht haben, machen wir schon mal drei Kreuze. Immerhin müssen wir sie sehr vorsichtig behandeln und wollen natürlich auch die Türrahmen im Landesmuseum heil lassen.“
Am Mittwoch erfolgt die gemeinsame Begehung der Räumlichkeiten mit der Kuratorin und das Layout der Ausstellung. „Die Kisten werden dann erst ausgepackt. Wir dürfen sie nicht öffnen, bevor die Kuratorin da ist.“ Noch am selben Tag geht es auch zum Flughafen nach Bremen, um dort den Ehrengast abzuholen und beim Check-in im Hotel zu unterstützen. Anschließend finden erste Warmup-Gespräche statt - gerne bei einem gemütlich Kaffee. Am Donnerstag schließlich begleitet Lisa ihren Ehrengast zu verschiedenen Presseterminen, führt zusammen mit Claus Spitzer-Ewersmann die Oldenburgische Museumsgesellschaft vorab durch die Ausstellung und klärt nebenbei all die offenen Fragen, die kurz vor einem so großen Event auftauchen.

Und wie behält man bei alledem den Überblick? „Ich habe eine siebenseitige Dispo-Liste, auf der ich alles abhaken kann“, erzählt Lisa. „Das ist in dieser Phase gewissermaßen mein Hirn, da steht alles drin.“ Schon im August beginne sie damit, diese Liste anzulegen - in der heißen Phase sei sie Gold wert.
Wenn am Freitag dann die feierliche Vernissage und am Samstag die große Eröffnung der World Press Photo Ausstellung stattfinden, dann spürt das Publikum von all diesen Vorarbeiten: alles und nichts. Alles - weil es eine Ausstellung erlebt, die Pressebilder tatsächlich nicht nur zeigt, sondern in einen Kontext stellt und die dadurch Erlebnisse bietet, die bleibenden Eindruck hinterlassen. Und dafür war es eben nötig, dass man mit den Planungen ein Jahr vorher beginnt. Gleichzeitig spürt das Publikum nichts von all der Arbeit und dem Aufwand hinter den Kulissen. Es darf ein perfekt vorbereitetes Ereignis genießen und sich voll und ganz darauf konzentrieren.
Und Lisa? Sie wird bis zum letzten Tag der Ausstellung jederzeit ansprechbar sein, ihr Telefon niemals ausstellen und sich um unzählige Details kümmern. Danach warten wieder drei Wochen WPP-Pause auf sie - bevor das nächste World Press Year beginnt.